Ehe- und Familienrecht
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Ehe- und Familienrecht

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Entscheidung der Woche

04.03.2020 - Thema: Berechnung des Zugewinns, Anfangs- & Endvermögen

Bewertung einer gesamtschuldnerischen Darlehensverpflichtung beim Zugewinnausgleich

Der Bundesgerichtshof hat am 06.11.2019, XII ZB 311/18 folgenden Fall entschieden:

 

Wenn ein Ehegatte vor Eheschließung zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie durch den anderen Ehegatten neben diesem eine gesamtschuldnerische Darlehensverpflichtung eingeht, so ist bei Bewertung der Verbindlichkeit auch im Anfangsvermögen im Zweifel davon auszugehen, dass diese im Innenverhältnis allein vom Eigentümer des Grundstücks zu tragen ist. In dem Anfangs- und Endvermögen des Eigentümers sind in diesem Fall zum jeweiligen Stichtag einheitlich der Grundstückswert als Aktivposten und die volle noch offene Darlehensvaluta als Passivposten einzustellen.

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich. Ihre am 26.080.2003 geschlossene Ehe ist auf den am 17.09.2011 zugestellten Antrag im Mai 2012 geschieden worden. Die Beteiligten lebten schon vor der Eheschließung zusammen und haben einen 1995 geborenen gemeinsamen Sohn. Im Jahr 2002 erwarb die Ehefrau ein Hausgrundstück, das den Ehegatten in der Folgezeit als Familienheim diente. Der Kaufpreis wurde seinerzeit überwiegend durch Aufnahme von Darlehen finanziert, für die die Eheleute gesamtschuldnerisch hafteten. Einzelne Darlehen wurden im Jahr 2005 umgeschuldet und von der Ehefrau allein übernommen. Vor Zustellung des Scheidungsantrags wurde der Ehemann auch hinsichtlich der weiteren Darlehensverbindlichkeiten aus der Mithaftung entlassen. Die Ehefrau hat das Haus dem Ehemann inzwischen im Rahmen eines Mietverhältnisses zur Nutzung überlassen. Dieser bewohnt das Haus zusammen mit dem gemeinsamen Sohn. Das Amtsgericht hat den Antrag des Ehemanns auf Zahlung von Zugewinnausgleich abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem Ehemann auf dessen Beschwerde einen Zugewinnausgleich von 3.616,19 Euro zugesprochen.

Entscheidungsanalyse:

Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Ehemann ein höherer als der vom Oberlandesgericht zuerkannte Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 Abs. 1 BGB zusteht. Nach Überzeugung des Senats hat der Ehemann keinen Zugewinn erzielt, während der Zugewinn der Ehefrau sich infolge der während der Ehe erfolgten Kredittilgung erhöht. Zur Begründung weist der Senat darauf hin, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt. Vorrangig sei deshalb, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden im Innenverhältnis zu tragen hätten. Aus Sicht des Senats ist wegen der rechtlichen und wirtschaftlichen Verknüpfung der gesamtschuldnerischen Darlehensaufnahme mit dem Erwerb des Eigentums an der Immobilie bei der Bewertung auf den Verkehrswert der Immobilie abzüglich der jeweiligen Kreditverbindlichkeiten zum jeweiligen Stichtag abzustellen. Es sei daher für Anfangs- und Endvermögen eine einheitliche Bewertung anzustellen, die bei Alleineigentum eines Ehegatten in dessen Vermögen jeweils den Grundstückswert als Aktivposten und die volle noch offene Darlehensvaluta als Passivposten ausweist. Der BGH kritisiert hierbei die vom Oberlandesgericht vorgenommene Beteiligung beider Ehegatten im Gesamtschuldner-Innenverhältnis zu je 50 %. Denn dadurch würde vernachlässigt, dass mithilfe der Kredite allein auf Seiten eines Ehegatten Immobilienvermögen gebildet worden sei. Der Senat stellt vielmehr klar, dass die Ehefrau schon bei Eheschließung Alleineigentümerin des Grundstücks war. Daher treffe sie im Innenverhältnis die alleinige Haftung für die noch offene Darlehensschuld. Nach Auffassung des BGH ist dem Ehemann hingegen durch die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten seitens der Ehefrau während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft und nach der Trennung kein Zugewinn entstanden. Daher gehe eine (fiktive) Veranschlagung der hälftigen Kredittilgung durch einen entsprechenden Passivposten im Anfangsvermögen beider Ehegatten fehl. Aus Sicht des Senats hat sich vielmehr das Vermögen der Ehefrau infolge der während der Ehezeit gesunkenen Darlehensvaluta vermehrt. Es handele sich hierbei ohne Zweifel um auszugleichenden Zugewinn. Die Rechtsbeschwerde habe daher ganz überwiegend Erfolg.

Praxishinweis:

Die Vermögenszusammenstellungen für den Zugewinnausgleich sind sorgfältig zu überdenken. Dafür ist fachkundiger Rat erforderlich. Bei gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten ist nicht einfach bei jedem Ehegatten die Hälfte der Verbindlichkeiten in die Vermögensbilanz einzustellen. Es ist zu prüfen, mit welcher Quote die Kreditverbindlichkeit anzusetzen ist, die im Innenverhältnis auf den einzelnen Ehegatten entfällt. Vorrangig sei deshalb, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden im Innenverhältnis zu tragen hätten. Nach Auffassung des BGH betrifft die familienrechtliche Überlagerung des Innenverhältnisses der Ehegatten vornehmlich die Zahlung der laufenden Kreditraten und deren - regelmäßig ausgeschlossenen - gesonderten Ausgleich. Dagegen wirkt sie sich auf die Beteiligungsquote an der noch zur Rückzahlung offenen Kreditvaluta grundsätzlich nicht aus.

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