Entscheidung der Woche
Der Vorsorgebevollmächtigte ist nicht berechtigt, im eigenen Namen gegen die Entscheidung des Betreuungsgerichts – das die Einrichtung einer Betreuung ablehnte – Beschwerde einzulegen.
Beschluss des BGH vom 21.08.2019, Az.: XII ZB 156/19
Sachverhalt:
Eine Mutter erteilt ihren 2 Söhnen und ihrer Enkelin jeweils eine General- und Vorsorgevollmacht.
Die 95-jährige Mutter leidet nunmehr an einer fortschreitenden Demenz, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Sie hatte Ihrem Sohn X, von dem sie gepflegt und versorgt wurde, im Februar 2011 eine Vorsorgevollmacht erteilt. Nach einem Krankenhausaufenthalt wurde sie im Mai 2018 von ihrem anderen Sohn, Y, in dessen Haus verbracht und wird seither durch dessen Familie versorgt. Am 23.05.2018 erteilte die Betroffene dem Sohn Y und dessen Tochter, A, eine notarielle Vorsorgevollmacht mit Einzelvertretungsermächtigung. In Gebrauch dieser Vollmacht widerriefen der Sohn Y und die Enkeltochter A die von der Mutter zuvor dem Sohn X erteilte Vorsorgevollmacht. Der Sohn X bestreitet die Wirksamkeit der im Mai 2018 errichteten Vollmachten an seinen Bruder Y und an A wegen fehlender Geschäftsfähigkeit seiner Mutter im Zeitpunkt deren Errichtung und hält sich selbst nach wie vor für bevollmächtigt. Das Amtsgericht hat die vom Sohn X angeregte Betreuung im Hinblick auf die dem Sohn Y und der Enkeltochter A erteilten Vorsorgevollmachten abgelehnt. Das Landgericht hat die Beschwerde des Sohnes X verworfen. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsanalyse:
Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Beschwerde des Sohnes X unzulässig ist. Seine eigene Beschwerdeberechtigung folge weder aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FamFG noch aus § 303 Abs. 4 FamFG. Der Senat erläutert, dass das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG im Interesse des Betroffenen dessen Abkömmling im eigenen Namen zusteht, wenn dieser im ersten Rechtszug beteiligt worden ist. Im konkreten Fall fehle es an einer solchen Beteiligung und damit an dem Recht, gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG im eigenen Namen Beschwerde gegen die Ablehnung der Einrichtung einer Betreuung einlegen zu können. Aus Sicht des Senats steht dem Beteiligten zu 1 auch kein Beschwerderecht im eigenen Namen aus § 59 Abs. 1 FamFG zu. Denn die Beschwerdeberechtigung nach dieser Vorschrift erfordere eine unmittelbare Beeinträchtigung eigener Rechte des Beschwerdeführers. Der BGH stellt klar, dass sie beim Vorsorgebevollmächtigten nicht vorliegt. Schon im Falle der Anordnung einer Betreuung werde der Vorsorgebevollmächtigte nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt. Die Rechtsbeschwerde habe daher keinen Erfolg.
Praxishinweis:
Der BGH weist in dieser Entscheidung auch darauf hin, dass die Vollmacht als die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht dem Bevollmächtigten die Legitimation verleiht, durch rechtsgeschäftliches Handeln im Namen des Vertretenen (Vollmachtgebers) unmittelbar für und gegen diesen Rechtswirkungen herbeizuführen. Sie schränkt die eigene Rechtsmacht des Vollmachtgebers aber nicht ein und begründet dementsprechend - nach Auffassung des 12 Senats - kein eigenes subjektives Recht des Bevollmächtigten (vgl. BGH, Beschluss vom 05.11.2014 - XII ZB 117/14). Das gilt für die Ablehnung einer Betreuungsanordnung erst recht.